- Heute…
- Gemeinden der Russisch-Orthodoxen Kirche in Europa nach dem 2.Weltkrieg
- 17. Jahrhundert – bis ersten Hälfte 20. Jahrhundert
- Europäische Gemeinden der Russisch-Orthodoxen Kirche – ein Überblick
- Erste russisch-orthodoxe Kirchen und Gemeinden in Europa (12. – 17. Jahrhundert)
Heute…
Heute erstreckt sich die Jurisdiktion der Russischen Orthodoxen Kirche auf eine Anzahl von Kirchengemeinden in Europa: In Algerien, Belgien, Deutschland, England, Finnland, Frankreich, Italien, Holland, der Schweiz, Marokko, Österreich, und Ungarn.
In manchen Gemeinden Frankreichs wird der Gottesdienst auch in französischer Sprache gehalten, in Deutschland in deutscher, in Holland in holländischer, in Italien in italienischer usw. – denn viele Gemeinden der Russischen Kirche in Europa sind multinational. Einige Gemeinden führen auch Religionsunterrichte für Kinder durch. Viel Beachtung schenken die Gemeinden der Erziehung der Kinder orthodoxer Eltern und errichten jedes Jahr in Frankreich, Deutschland und Holland Ferienlager für sie.
Russische Kirche und ihre Gemeinden in Europa sind bekannt auch für ihre Wohltätigkeitsaktivitäten und der Kollektensammlungen für die Erdbebenopfer in Armenien (1983), und für die Opfer der Umweltkatastrophe in Tschernobyl (1986), und für andere Bedürftige in Russland.
Seit 1946 wurde bei der Heiligen Synode der Russischen Orthodoxen Kirche das kirchliche Außenamt eingerichtet, zu dessen Aufgaben es gehört, das kirchliche Leben der Auslandsgemeinden der Russischen Orthodoxen Kirche zu leiten. Als Vorsitzenden dieses Amtes hat im Jahre 1989 der Heilige Synode den Metropoliten Kirill von Smolensk und Kaliningrad bestätigt. Seither wird das kirchliche Leben der Auslandsgemeinden des Moskauer Patriarchats vom Metropolit Kirill geleitet; Er übt gleichzeitig erzbischöfliche Funktionen denen gegenüber aus, die keinen eigenen Bischof haben.
Gemeinden der Russisch-Orthodoxen Kirche in Europa nach dem 2.Weltkrieg
Im zweiten Weltkrieg (1939-l945) bewies Metropolit Eulogius seine patriotische Einstellung, er beschloss, in den Schoß der Russischen Mutterkirche zurückzukehren. Im August 1945 besuchte eine Delegation der Russischen Orthodoxen Kirche unter Metropolit Nikolaus Paris und nahm Metropolit Eulogius, Erzbischof Wladimir und Bischof Johannes in die gebetskanonische Gemeinschaft auf. Nach einigen Zusammenkünften und Aussprachen mit Metropolit Nikolaj trat auch der Leiter der Westeuropäischen Eparchie der Karlowitzer Spalter, Metropolit Serafim (Lukjanow), mit seinen Gemeinden der Mutterkirche wieder bei. Hierauf bestätigte der Heilige Synod die Ernennung des Metropoliten Eulogius zum Exarchen des Moskauer Patriarchats in Westeuropa. Aber im August 1946 verschied Metropolit Eulogius, und an seiner Stelle ernannte der Hochheilige Patriarch Alexij I. den Metropoliten Serafim.
Doch im gleichen Jahr sagten sich einige Mitglieder des Klerus des Exarchats , angeführt von Erzbischof Wladimir, von der Mutterkirche los und unterstellten ihre Gemeinden dem Patriarchat von Konstantinopel. Im November 1949 löste den Metropoliten Serafim als Exarch der Erzbischof von Litauen und Wilna, Photij (Topiro) ab, und später wurde zum interimistischen Exarchen der Erzbischof von Berlin und Deutschland, Boris Wik ernannt. Seit 1954 leitet Erzbischof Nikolaus (Jerjomin) von Clichy das Exarchat des Moskauer Patriarchats in Westeuropa.
Seit 1950 gibt die Russische Kirche in Frankreich eine vierteljährliche Zeitschrift, den „Boten des russischen Westeuropäischen Patriarchats“ heraus (in Russisch und Französisch), in dem außer offiziellem Material auch theologische Abhandlungen veröffentlicht werden. Außerdem erscheint in Paris das Nachrichtenblatt „Chronik des Lebens der Russischen Orthodoxen Kirche in Westeuropa“. Die Russische Kirche in Deutschland gibt seit 1952 eine vierteljährliche Zeitschrift „Stimme der Orthodoxie“ und der Kurier „Pokrow“ (Ausgabe der Düsseldorfer Gemeinde).
Der Bau russischer orthodoxer Kirchen in Europa ging weiter und die neuen Kirchengemeinden wurden mit dem Segen der Mutterkirche gegründet. So wurde u.a. im Jahre 1981 die Orthodoxe Kirchengemeinde HI. Nektarios in Bischofsheim (Deutschland) gegründet, als Pfarrei besteht sie seit dem 2. Juni 1984. Im Jahre 1984 die Kirchengemeinde mit eine Hauskapelle in Palermo (Italien) gegründet. Im Jahre 1996 in Gifhorn (Deutschland) wurde die Hl.-Nikolaus-Kirche eingeweiht und im Jahre 1999 die Kirchengemeinde mit eine Hauskapelle in Stawanger (Norwegien) gegründet.
17. Jahrhundert – bis ersten Hälfte 20. Jahrhundert
Im Jahre 1640 wurde im „Russischen Handelshaus“ in Stockholm die erste russische orthodoxe Kirche Westeuropas geweiht. Auch in Königsberg, die Hauptstadt des Herzogtums Preußen (das heutige Kaliningrad), seit 1655 russische orthodoxe Gottesdienste stattfanden. Mit dem lebhafter werdenden Handel und diplomatischen Verkehr Russlands mit Ländern Westeuropas unter Peter I. entstanden in vielen Hauptstädten Europas anfangs russische orthodoxe Wanderkirchen und später ständige Kirchen. Im Jahre 1716 begann der Gottesdienst in der Kirche der russischen Botschaft in London, etwa im Jahre 1718 in Berlin und 1720 in Paris.
Der Bau russischer orthodoxer Kirchen in Europa nahm besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu. Die Kirchen wurden mit dem Segen des St. Petersburger Diözesanbischofs gebaut, der das russische Kirchenleben in Westeuropa leitete. So wurde im Jahre 1855 in Wiesbaden die Hl.-Elisabeth-Kirche eingeweiht, 1861 in Paris die Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit und zum Heiligen Fürsten Alexander Newskij, 1866 in Genf die Kirche zur Kreuzerhöhung, 1874 in Dresden die Hl.-Simeon-Kirche, 1876 in Ems die Kirche zur Märtyrerin Kaiserin Alexandra, 1882 in Baden-Baden die Verklärungskirche, 1883 in Kopenhagen die Kirche zum Heiligen Fürsten Alexander Newskij, 1892 in Biarritz die Kirche zu Mariä Schutz und Fürbitte und zum Heiligen Fürsten Alexander Newski, 1899 in Wien die Hl.-Nikolaus-Kirche, 1902 – l903 in Florenz die Kirche zu Christi Geburt und zu Hl. Nikolaus, 1912 in Nizza die Kirche des Hl. Nikolaus und Märtyrerin Alexandra. Im Jahre 1833 wurde eine russische Hauskirche in Athen eröffnet, 1852 erstand die Russische Kirche dort die alte Dreifaltigkeits-Kirche. Alle diese Kirchen wurden errichtet, um den religiösen Bedürfnissen der in verschiedenen Ländern Europas ansässigen orthodoxen Russen zu genügen.
Unter den russischen Kircheninstitutionen in Westeuropa ist das Wirken der Orthodoxen Brüderschaft besonders zu erwähnen, die 1890 zu Ehren des Heiligen Fürsten Wladimir vom Vorsteher der Berliner Hl.-Wladimir-Kirche, dem Oberpriester Alexij Malzew, zur Unterstützung der Not leidenden russischen Staatsangehörigen und der Orthodoxen aller Nationen aus Berlin und anderen Orten Deutschlands gegründet wurde. Von 1890 bis 1914 errichtete das Baukomitee der Brüderschaft sieben Kirchen: in Tegel die Kirche zu Hl. Konstantin und Helene (geweiht im Jahre 1894) , in Bad Homburg die Allerheiligen-Kirche (1899), in Bad Kissingen die Kirche zum Heiligen Sergius von Radonesh (1901), in Herbersdorf die zum Erzengel Michael (1901), in Hamburg die Hl.-Nikolaus-Kirche (1901), in Bad Nauheim die Kirche des Hl. Innozenz von Irkutsk und Hl. Serafim von Sarow (1908) und in Bad Brückenau die Kirche zur Heiligen Maria Magdalena (1908).
Bis 1910 waren in den Ländern Europas etwa siebzig russische orthodoxe Kirchen entstanden, die Privatkirchen nicht mitgerechnet. Die Lage im ersten Weltkrieg (1914) und im Bürgerkrieg Russlands lockerte vorübergehend die Verbindungen zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche und den russischen Gemeinden in den Ländern Westeuropas. Aber schon im März 1921 ernannte der Hochheilige Patriarch Tichon den Erzbischof von Wolhynien, Eulogius (Georgijewski), zum zeitweiligen Leiter der russischen Gemeinden in Westeuropa.
Nach dem ersten Weltkrieg wuchs die Zahl der russischen orthodoxen Kirchen in den Ländern Westeuropas bedeutend an. Der Bedarf an Priestern veranlasste den Metropoliten Eulogius, im Jahre 1925 in Paris eine russische orthodoxe theologische Hochschule zu eröffnen. Die durch den Krieg unterbrochene Tätigkeit der Wladimirbrüderschaft in Berlin kam wieder in Gang. Die Zahl der Bischöfe, die europäische Gemeinden der Russischen Orthodoxen Kirche leiteten, nahm zu. Leider aber kamen in den Beziehungen des Metropoliten Eulogius zu den obersten Kirchenleitung Schwankungen vor, weshalb er im Jahre 1931 in die Jurisdiktion des Patriarchats von Konstantinopel überging. Die Leitung der europäischen Gemeinden, die der Russischen Mutterkirche die Treue bewahrten, wurde damals vom Stellvertreter des Patriarchenstatthalters, Metropolit Sergius, dem Metropoliten Eleutherius (Bogojawlenski) von Litauen und Wilna anvertraut. Der Russischen Kirche treu blieb in Frankreich Bischof Benjamin (Fedtschenkow) mit einigen Geistlichen und einer großen Gruppe Gläubiger, in Deutsch1and der Vorsteher der Fürst Wladimir-Kirche in Berlin, Erzpriester G. Prosorow, mit der Gemeinde.
Seit jener Zeit nahm das kirchliche Leben in den europäischen Gemeinden, die der Russischen Mutterkirche die Treue bewahrten, allmählich feste Formen an. Im März 1931 wurde der Hauptaltar der russischen Dreiheiligenkirche in Paris geweiht. Im Juni 1935 gründete der russische Geistliche Michail Belski in Paris eine französische orthodoxe Gemeinde, die zu Ehren der Ikone Gottesmutter „Freude aller Trauernden“ benannt wurde. Im Jahre 1936 wurde der ehemalige römisch-katholische Geistliche Luois-Charles Winaert in den Schoß der Orthodoxen Kirche aufgenommen war. Anfang 1937 auch seine Gemeinde, die in Paris die Himmelfahrtsgemeinde des westlichen Ritus bildete und der gegenwärtig der Archimandrit Dionysius Chambault vorsteht.
Im Dezember 1937 wurde die Dekanat der Westlichen Orthodoxen Gemeinden unter Leitung des Geistlichen M. Belski gegründet, im März 1939 aber entstand die einheitliche Dekanat der westeuropäischen Gemeinden der Russischen Orthodoxen Kirche unter Abt Stefan (Swetosarow). Im Jahre 1944 gründete der Geistliche Lucien Chambault, als Mönch Dionisius, die erste französische orthodoxe Mönchsgemeinschaft nach den Satzungen des Heiligen Benedikt von Nursia.
Europäische Gemeinden der Russisch-Orthodoxen Kirche – ein Überblick
In Europa tauchten russische Kirchen im 17. Jahrhundert auf, und seitdem ist ihre Zahl mit zunehmenden diplomatischen, Handels- und Kulturellen Beziehungen Russlands zu den Ländern Europas unaufhörlich gewachsen. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts wurde die erste russische Kirche in Konstantinopel gebaut; später entstanden in dieser Stadt und ihrer Umgebung weitere fünf russische orthodoxe Kirchen. In Finnland bis 1919 unterstand eine Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche. Nachdem Finnland ein selbständiger Staat geworden war, trat die Finnische Orthodoxe Kirche unter die Jurisdiktion des Patriarchats von Konstantinopel. Im Jahre 1957 hat die Russische Orthodoxe Kirche diese Jurisdiktion anerkannt.
Somit hat die Russische Orthodoxe Kirche gegenwärtig im Ausland eine Anzahl von Gemeinden, die teilweise mit der Zeit in die Jurisdiktion anderer orthodoxen Landeskirchen übergingen, teilweise eine selbständige, Verwaltung bekamen. Die meisten gedeihen unter der geistigen Führung der Russischen Orthodoxen Kirche. Einige jedoch stehen noch immer außerhalb der Mutterkirche.
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Im Jahre 1920 entstand für die kanonische Gestaltung des Lebens der Russischen Kirche im Ausland ein Hindernis: Die so genannte „Oberste Russische Kirchenverwaltung im Ausland“. Eine Gruppe emigrierter Bischöfe, die der Russischen Orthodoxen Kirche und dem russischen Volk feindselig gegenüberstand, hatte sie eigenmächtig gebildet. Die Russische Orthodoxe Kirche in Person des Hochheiligen Patriarchen Tichon verurteilte das politische Treiben der „Verwaltung“, aber diese fügte sich dem Beschluss der obersten Kirchenbehörde nicht und führte eine Spaltung herbei, die nach der Stadt Karlowitz (Sremski Karlovic in Jugoslawien) benannt wurde; Diese Stadt war der Schauplatz des „Konzils“, das der von der Mutterkirche abgefallene Teil der russischen Geistlichkeit von Oktober bis Dezember 1921 abhielt.
Obwohl es der eigenmächtigen Kirchenverwaltung gelang, die kanonische Gestaltung eines Teils der russischen Kirchengemeinden im Ausland zu desorganisieren, blieben dennoch viele von ihnen der Mutter-Kirche treu. Dank ihren Bemühungen um die Vereinigung kehrten nach dem Jahre 1945 viele russische orthodoxe Geistliche und Gläubige in den Schoß der Russischen Orthodoxen Kirche zurück. Großes Gewicht kam hierbei den Appellen des Hochheiligen Patriarchen Alexij I. und weitere Appelle.
Erste russisch-orthodoxe Kirchen und Gemeinden in Europa (12. – 17. Jahrhundert)
Seit alters her pilgerten russische Wallfahrer ins Heilige Land, zur Berge Athos (Griechenland) und zu anderen berühmten Heiligtümern der orthodoxen Welt. Manche dieser Wallfahrer legten dort das Mönchsgelübde ab und gründeten Klöster und Kirchen. In der Lebensgeschichte der Russischen Heiligen Euphrosinia von Polozk ist erwähnt, dass sie, als sie in den siebziger Jahren des zwölften Jahrhunderts in Jerusalem weilte, „bei der Heiligen Mutter Gottes im russischen Kloster Unterkunft fand“. Was aus diesem Kloster geworden ist, ist unbekannt. In den Akten des Heiligen Berges Athos aus der Mitte des 12. Jahrhunderts findet sich ein Zeugnis dafür, dass auf dem Athos ein russisches Kloster der Mutter Gottes von Ksylurgu bestanden hat. Im Jahre 1169 erhielten russische Mönche auf dem Athos das Kloster des Heiligen Märtyrers Pantaleimon, zu dem später das kleine Kloster von Katzari hinzukam. Im Jahre 1849 wurde auf dem Athos die russische Hl.-Andreas-Einsiedelei eröffnet und aus gemeinschaftlichen Mitteln unterhalten. Anfang 20. Jahrhunderts lebten in den russischen Klöstern des Heiligen Berges rund 4000 Mönche. Doch in den Jahren des ersten Weltkrieges musste ein Teil der Mönche infolge der großen materiellen Not der Klöster den Athos ver1assen und heimkehren.